Wie Ehrfurcht gebietend ist doch dieser Ort! Er ist nichts anderes als das Haus Gottes und das Tor des Himmels. (Gen 28,17)
Es gibt zweifelsohne Orte, die näher am Himmel ‹gebaut› sind als andere, wie zum Beispiel das alttestamentliche Bet-El, wo Jakob im Traum eine Treppe in den Himmel sieht, auf der Engel Gottes auf- und niedersteigen (Gen 28,10–22). Oder wie in unserer Zeit der Wallfahrtsort Lourdes, die Kathedrale von Chartres oder bei uns in der Schweiz die Kirche Scherzligen, die zu den tausendjährigen Kirchen am Thunersee gehört und sich auf einem uralten Kraftort befindet. Wenn man solche Orte betritt, spürt man unmittelbar die Kraft, die sie ausstrahlen. Und zweifelsohne gibt es auch Zeiten, zu denen sich der Himmel an vielen verschiedenen Orten öffnet und sie zu heiligen oder magischen Orten macht; auch wenn nur für eine kurze Zeit – etwa für eine Nacht.
Die Mittsommernacht, die man am Tag der Sommersonnenwende feiert, ist in diesem Fall die beste ‹Adresse› für alle, die etwas von dieser magia naturalis (natürlichen Magie) erleben wollen. Im Christentum ist die Mittsommernacht mit dem Hochfest der Geburt Johannes‘ des Täufers am 24. Juni verbunden, die im Kirchenjahr den sommerlichen Gegenpol zur Geburt Christi bildet. Aus diesem Grund hat man früher auch von der «Sommerweihnacht» gesprochen und im Norden Europas wird diese Nacht bis heute fast mehr gefeiert als Weihnachten und ihr Zauber spiegelt sich auch in der bekannten Komödie Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare wider.
Doch was macht die Magie dieser Orte und Zeiten eigentlich aus? Meines Erachtens ist es vor allem eine Art Erkenntnis: Wir stellen fest, dass wir in unserem Innersten nicht getrennt, sondern tief verbunden mit dem Universum sind. In diesem Augenblick öffnet sich in uns Menschen «das Tor des Himmels» (Gen 28,17) und es erfüllt sich das, was Jesus im Johannesevangelium seinen Jüngern verspricht:
Ihr werdet den Himmel geöffnet und die Engel Gottes auf- und niedersteigen sehen über dem Menschensohn. (Joh 1,51)